Neues DGHO-Geschichtsbuch erschienen - von den Anfängen der Onkologie

23.10.2019
Verwässerung und Verleugnung einer Gründungsgeschichte der Onkologie - Ernst von Leyden und seine Bedeutung für Disziplinbildung und Internationalität - Von der "I. Internationale" (1908) zur "II. Internationale" (1933)

w-3927.jpg© Marc Volk, 2019

Große Augen sah man auf dem Historischen Symposium der Jahrestagung 2019, als Prof. Voswinckel seine jüngsten Forschungsergebnisse über Ernst von Leyden vortrug, ungläubiges Staunen darüber, welch grundlegende Anstöße für die weltweite Krebsforschung einstmals von Berlin ausgegangen sind – und wie leichtfertig diese Führungsrolle in zwei Weltkriegen verspielt wurde bis hin zur vollständigen Marginalisierung der deutschen (zweigeteilten) Onkologie nach 1945.

Zu einem Zeitpunkt, als Deutsch neben Französisch noch führende Wissenschaftssprache war, schuf Ernst von Leyden nicht nur ein deutsches Krebskomitee (1900), sondern knüpfte von Anfang an ein dichtes Netz von internationalen Beziehungen. Angeregt insbesondere von Amerikanern (Roswell Park!) gründete Leyden 1908 eine erste „Internationale der Krebsforschung“, eine Gründung, die weltweiten Widerhall erfuhr. Sie fand – nach einer Periode der Lähmung infolge des Weltkrieges – ein Revival als II. Internationale in Gestalt der UICC 1934. Die innere Kontinuität dieses Beziehungsgeflechtes, aber auch deren Brüche und Verfälschungen sind Gegenstand dieses Buches, das – wie immer - mit neu aufgefundenen Quellen, Fotografien und Faksimiles aufwartet. Es zeichnet ein neuartiges Bild von dem institutionellen Mutterboden, aus dem alle heutigen Krebsgesellschaften und - Institutionen hervorgegangen und auf irgendeine Weise geprägt sind. Als negative Hauptplayer erweisen sich Nationalstolz, Dünkel, Konkurrenzdenken, Militarismus, Rassenwahn – mit Nachwirkungen bis weit in die siebziger Jahre, als sich in den USA die Medical Oncology etablierte.

w-4425.jpgEnthüllung Ernst von Leyden-Denkmal, v.l.n.r. Prof. Hallek (DGHO), Dr. Bruns (Dt. Krebsgesellschaft), Prof. Einhäupl (Charité), Prof. Veit-Wild (Leyden-Urenkelin)  © Marc Volk, 2019

Mehr als gerechtfertigt erweist sich die von der DGHO initiierte Wiederaufstellung des Ernst-von-Leyden-Denkmals in der Berliner Charité; zusammen mit den im Buch illustrierten Handelnden erlangt so die Disziplin der Onkologie ein historisches Gesicht.

Das Buch ist kostenlos zu beziehen im Hauptstadtbüro der DGHO.