Aufruf zur Gründung eines Arbeitskreises Patient-Reported Outcomes (PRO)

03.03.2021
Lebensqualität und therapieassoziierte Toxizität sind wesentliche Parameter in der Behandlung von Patient*innen mit malignen Erkrankungen, die bisher nicht immer systematisch und routinemäßig erfasst wurden. Gleichzeitig sehen wir aufgrund neuer Behandlungsmethoden zunehmend Patient*innen mit fortgeschrittener Erkrankung, die unter Behandlung einen chronischen Verlauf erleben.

Die damit verbundene verbesserte Prognose ist jedoch nicht selten mit chronischen Nebenwirkungen und anhaltenden Symptomen verbunden. Viele Messinstrumente wurden aber nicht primär dafür entwickelt, um über einen längeren Zeitraum die funktionellen und individuellen Probleme von Patient*innen zu erfassen. Im Rahmen einer patientenzentrierten Versorgung ist es jedoch von großer Bedeutung, dass Onkolog*innen sowohl das subjektive Erleben als auch Therapieeffekte auf das körperliche Befinden ihrer Patient*innen erfassen. Individuelle und umfassende Lebensqualitätsprofile können eine hilfreiche Basis darstellen, um die Kommunikation mit Patient*innen zu verbessern.

In den letzten Jahren erfolgte eine Weiterentwicklung hin zu patienten-berichteten Endpunkten (Patient-Reported Outcomes – PRO) als primäre Erhebungsmethode bei der Erfassung von Erfahrungen und Symptomen von Patient*innen. PRO werden direkt von Patient*innen und ohne Interpretation durch Dritte mittels standardisierter und validierter Fragebögen, z. B. EQ-5D oder PRO-CTCAE, erhoben. PRO umfassen neben der Lebensqualität auch die Symptomlast, Erfahrungen mit der Therapie sowie die Zufriedenheit mit der Behandlung.

Im Rahmen der technischen Entwicklung und Verfügbarkeit mobiler Endgeräte wie Tablets oder Smartphones ergeben sich insbesondere auf dem Gebiet der elektronischen PRO Erhebung neue Möglichkeiten für Forschung und Versorgung. Inzwischen ist es weithin akzeptiert, dass durch die Erhebung von PRO wichtige Informationen für die Behandlung von Patient*innen gewonnen werden:

  • PRO sind Prädiktoren für wichtige Endpunkte wie lokale Tumorkontrolle und Überleben
  • PRO sind hilfreich bei der Identifizierung wesentlicher Symptome, die häufig in der klinischen Routine übersehen werden
  • PRO sind wichtig in der Einschätzung der psychischen Belastung von Patient*innen durch eine fortgeschrittene Erkrankung
  • PRO können in die vergleichende Nutzenbewertung sowohl von Medikamenten als auch anderen Interventionen und Therapieverfahren, zum Beispiel im Rahmen von Qualitätssicherungsmaßnahmen oder in der Versorgungsforschung, integriert werden
  • PRO können für ökonomische Aspekte wie der Erfassung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses berücksichtigt werden
  • PRO können in Form geriatrischer Screeninginstrumente zur Vorhersage von Toxizität und damit zur individuellen Anpassung einer Chemotherapie genutzt werden

Mit der Gründung eines Arbeitskreises möchten wir den Austausch wissenschaftlich interessierter Kolleg*innen fördern und eine interdisziplinäre und multiprofessionelle Zusammenarbeit ermöglichen. Aktuelles Wissen soll für die DGHO und deren Mitglieder aufbereitet sowie Empfehlungen und Handlungsanweisungen zur Verfügung gestellt werden. Der Arbeitskreis richtet sich auch ausdrücklich an Mitglieder anderer Professionen wie Pflege, Pharmazie, Psychoonkologie, Statistik, etc.. Für die Zukunft wünschen wir uns auch Projekte, die aus der Gruppe gemeinsam initiiert werden.

Ansprechpartner:

PD Dr.med. Markus Schuler
Medizinisches Versorgungszentrum Onkologischer Schwerpunkt
am Oskar-Helene-Heim Berlin
schuler@onkologie-ohh.de

Prof. Dr. med. Ulrich Jaehde
Pharmazeutisches Institut, Abteilung Klinische Pharmazie
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
u.jaehde@uni-bonn.de