Bosutinib in der Erstlinientherapie der chronischen myeloischen Leukämie
Bosutinib ist zugelassen zur Behandlung von Erwachsenen mit neu diagnostizierter Philadelphia-Chromosom-positiver chronischer myeloischer Leukämie (Ph+ CML) in der chronischen Phase (CP). Im ersten Verfahren war „Zusatznutzen nicht belegt“ festgelegt worden. Der G-BA hat wiederum Imatinib, Nilotinib oder Dasatinib als zweckmäßige Vergleichstherapie festgelegt und das IQWiG mit der Dossierbewertung beauftragt. Pharmazeutischer Unternehmer und IQWiG kommen zu unterschiedlichen Bewertungen. Einen Überblick über Bewertungsvorschläge von pharmazeutischem Unternehmer und IQWiG sind in Tabelle 1 zusammengefasst.
Tabelle 1: Vorschläge zum Zusatznutzen von Bosutinib
Legende: pU – pharmazeutischer Unternehmer, ZVT – zweckmäßige Vergleichstherapie
Unsere Anmerkungen sind:
- Bosutinib ist ein Tyrosinkinase-Inhibitor (TKI) der zweiten Generation. Er ist der vierte zugelassene TKI für die Erstlinientherapie von CML-Patienten in der chronischen Phase.
- Basis der frühen Nutzenbewertung ist BFORE, eine offene randomisierte Studie zum Vergleich von Bosutinib (400 mg/Tag) versus Imatinib (400 mg/Tag).
- Bosutinib führte zu einer höheren Rate guter molekularer Remissionen, nicht zu einer Erhöhung der ereignisfreien und der Gesamtüberlebensrate. Die Gesamtüberlebensrate lag in beiden Studienarmen nach 5 Jahren bei etwa 95%.
- Tiefe molekulare Remissionen sind Voraussetzung für ein kontrolliertes Absetzen des TKI und für ein langes rezidivfreies Überleben. Das Erreichen einer guten molekularen Remission ist ein patientenrelevanter Endpunkt. Daten zum Vergleich der Rate von Patient*innen mit kontrolliertem Absetzen fehlen im Dossier.
- Schwere unerwünschte Nebenwirkungen traten unter Bosutinib insgesamt häufiger als unter Imatinib auf. Einige der Bosutinib-assoziierten Nebenwirkungen, wie z. B. die Diarrhoe, sind zeitlich begrenzt und selbstlimitiert, andere betreffen „nur“ Laborwerte Transaminasen oder Lipase. Kritische Langzeitnebenwirkungen wie Kardiotoxizität treten unter Bosutinib nicht oder seltener auf.
Mit Bosutinib steht ein weiterer TKI mit höherer Wirksamkeit als Imatinib zur Verfügung. Bosutinib wird in der Versorgung vor allem bei Patient*innen mit einer oder mehreren Komorbiditäten eingesetzt. Daten zum direkten Vergleich von Bosutinib gegenüber den beiden anderen, zugelassenen Zweitgenerations-TKI Dasatinib und Nilotinib liegen nicht vor.