Antivirale Arzneimittel zur Therapie von COVID-19
Es stehen mehrere, zugelassene und/oder zentral für die Bundesrepublik Deutschland beschaffte, wirksame Arzneimittel zur Verhinderung schwerer Verläufe von COVID-19 bei vulnerablen Patient*innen zur Verfügung. Als vulnerabel werden Patient*innen mit einem oder mehreren Risikofaktoren eingestuft.
Dazu gehören: Adipositas, Alter, Diabetes mellitus, Immundefizienz- oder -suppression, kardiovaskuläre Erkrankungen, Krebserkrankung (aktiv), Lungenerkrankung (chronisch), Nierenerkrankung (chronisch) u. a.
Zugelassen und/oder verfügbar sind: (jeweils alphabetische Reihenfolge):
- Monoklonale Antikörper
- Casirivimab/Imdevimab (Ronapreve®)
- Sotrovimab (VIR-7831, Xevudy®)
- Tixagevimab/Cilgavimab (AZD7442, Evusheld™)
- Virostatika
- Molnupiravir (Lagevrio®)
- Nirmatrelvir/Ritonavir (Paxlovid®)
- Remdesivir (Veklury®)
Die Wirksamkeit der Arzneimittel erscheint unterschiedlich. Allerdings sind die derzeit vorliegenden Daten mit Unsicherheiten belastet:
- Alle Zulassungsstudien wurden vor der Dominanz der Omikron-Varianten BA.1 und BA.2 durchgeführt. In vitro-Studien geben Hinweise, dass die Wirksamkeit der monoklonalen Antikörper in unterschiedlichem Maße durch die Mutationen im Spike-Protein beeinträchtigt oder aufgehoben wird, die Wirksamkeit der Virostatika eher erhalten bleibt.
- Die große Mehrzahl der Patient*innen in den Zulassungsstudien wurde vor der Verfügbarkeit von Schutzimpfungen eingeschlossen. In einigen Studien war „geimpft“ oder „genesen“ ein Ausschlusskriterium.
- Alle zur Verfügung stehenden Antikörper oder Virostatika wurden in randomisierten kontrollierten Studien gegenüber Placebo, aber nicht im direkten Vergleich untereinander getestet. Dadurch unterscheiden sich die untersuchten Kollektive, u. a. in den Einschlusskriterien der Studien zur Definition der Risikofaktoren für einen schweren Verlauf von COVID-19, sowie dem regionalen Populationsinfektionsdruck. Gemeinsam ist allen Studien inzwischen der primäre Endpunkt „Hospitalisierung oder Tod“ an Tag 28 bzw. 29.
- Es fehlen umfassende Analysen für eine Gewichtung der Risikofaktoren und damit die Voraussetzungen für eine evidenzbasierte Selektion von Risikopatient*innen. Das Vorliegen mehrerer Komorbiditäten scheint das Risiko für schwere Verläufe zu erhöhen.
Bei der patientenbezogenen Entscheidung für den Einsatz der Arzneimittel bei vulnerablen Patient*innen sind neben der Einschätzung des individuellen Risikos für einen schweren Verlauf mögliche Kontraindikationen (Schwangerschaft, Arzneimittelinteraktionen) der jeweiligen Arzneimittel zu beachten.