Krebsmedizin 2021: Wir müssen wieder reden
Nach mehr als einem Jahr werden sich Expert*innen der verschiedenen Fachgebiete und Berufsgruppen im Rahmen der Jahrestagung der Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellschaften für Hämatologie und Medizinische Onkologie wieder persönlich zu aktuellen Entwicklungen im Bereich der Diagnostik und Therapie von Blut- und Krebserkrankungen austauschen. Da diese persönlichen Treffen lange nicht möglich waren und die Hämatologie und Onkologie ein äußerst innovatives und dynamisches Fachgebiet der Medizin ist, steht die Jahrestagung unter dem Motto ‚Wir müssen wieder reden‘. Die Jahrestagung findet vom 1. bis 4. Oktober 2021 im CityCube Berlin statt. Die Festlegung der Anzahl der zugelassenen Teilnehmer*innen und das Hygienekonzept werden entsprechend den Vorgaben des Berliner Senats umgesetzt, was neben einer virtuellen auch eine Präsenz-Teilnahme ermöglicht. Das ist ein wichtiges Zeichen für alle Akteure, die an der inhaltlichen Konzeption, Planung und Umsetzung von wissenschaftlichen Kongressen beteiligt sind – ein Neuanfang, der Hoffnung macht.
Bewegende Zeiten: Innovationen und COVID-19
In diesen besonderen Zeiten kommt der engen Kooperation der medizinischen Wissenschaft mit der Versorgung von Patient*innen eine wichtige Rolle zu. Exemplarisch konnte das in den vergangenen 15 Monaten in der Hämatologie und Onkologie gezeigt werden: Trotz der COVID-19-Pandemie konnten die zahlreichen Innovationen – besonders in der medikamentösen Therapie – erfolgreich in die flächendeckende Versorgung von Patient*innen mit Krebserkrankungen integriert werden. „Dies ist uns dank des intensiven interkollegialen und interdisziplinären Austauschs gelungen“, so Prof. Dr. med. Lorenz Trümper, Geschäftsführender Vorsitzender der DGHO und Vorstand Krankenversorgung der Universitätsmedizin Göttingen. „Aber dieser Austausch war eben auf virtuelle Kontakte beschränkt, die den direkten persönlichen Austausch einfach nicht ersetzen können. Umso mehr freuen wir uns, dass wir – zumindest in den der Infektionslage geschuldeten Grenzen – die Möglichkeit haben, in persona über die Innovationen und natürlich auch über COVID-19 zu sprechen. Es gilt also: ‚Miteinander reden und über Themen reden‘.“
Trümper macht deutlich, dass die DGHO gemeinsam mit der OeGHO, der SGMO und der SGH bereits bei den ersten Hinweisen auf das neuartige SARS-CoV-2-Virus aktiv geworden ist: „Wir haben schnell – im interdisziplinären Austausch mit weiteren wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften – Empfehlungen und Stellungnahmen zum Thema erarbeitet, beispielsweise die Onkopedia-Leitlinie ‚COVID-19 bei Krebspatienten‘ sowie Informationen und Impfempfehlungen für Patientinnen und Patienten mit Blut- und Krebserkrankungen.“
Neue Herausforderungen werden klinische Praxis
Dass COVID-19 einen der Schwerpunkte der Jahrestagung bildet, erklärt Prof. Dr. med. Andreas Mackensen, diesjähriger Kongresspräsident und Direktor der Medizinischen Klinik – Hämatologie und Internistische Onkologie des Universitätsklinikums Erlangen: „Die schon beschriebene Integration von Innovationen in die flächendeckende Versorgung war vor dem Hintergrund der COVID-19-Pandemie und den damit einhergehenden neuen Herausforderungen in der klinischen Versorgung von Patientinnen und Patienten eine besondere Aufgabe. Heute ist COVID-19 eines von vielen Elementen, das bei der Behandlung von Patientinnen und Patienten mit hämatologischen und onkologischen Erkrankungen zu beachten ist. Im Rahmen der Jahrestagung werden wir über die verschiedenen COVID-19-Impstoffe und hier besonders über die mRNA-Vakzine diskutieren. Denn es sind unter anderem die mRNA-Impfstoffe, deren Ursprung auch in der Entwicklung als Arzneimittel für die Behandlung von Krebserkrankungen liegt. Dabei werden wir fokussiert die Aspekte betrachten, die speziell bei der Impfung von Patientinnen und Patienten mit Blut- und Krebserkrankungen zu berücksichtigen sind. Ein weiterer Punkt, den wir bei der Jahrestagung interdisziplinär adressieren möchten, wird das Post-COVID-Syndrom sein. Denn dies kann – je nach Ausprägung und je nach Art und Status der Krebserkrankung – eine mitunter signifikante Mehrbelastung für unsere Patientinnen und Patienten sein. Konkret kann zum Beispiel zur Fatigue, die im Rahmen einer Krebserkrankung auftreten kann, noch Müdigkeit oder Erschöpfung als Folge des Post-COVID-Syndroms hinzukommen. Auch über diese neuen Herausforderungen müssen wir reden.“ Besonders freut sich Mackensen, dass PD Dr. med. Özlem Türeci, Medizinischer Vorstand BioNTech, in der Plenarsitzung „RNA-Vakzine – Von der Tumortherapie zur COVID-19-Protektion“ am Samstag, 2. Oktober 2021, von 10:30 bis 11:30 Uhr sprechen wird.
Immuntherapie und Präzisionsmedizin
Weitere Schwerpunktthemen der Jahrestagung 2021 sind die Bereiche Immuntherapie und Präzisionsmedizin. Expert*innen werden sich zum aktuellen Stand des Einsatzes von Immuncheckpoint-Inhibitoren und monoklonalen Antikörpern bei verschiedenen Krebserkrankungen austauschen und unter anderem Möglichkeiten der kombinierten Gabe verschiedener Immuntherapeutika oder die Kombination von Immuntherapeutika mit Arzneimitteln aus dem Spektrum der klassischen Chemo-therapie diskutieren. Des Weiteren sollen die bisherigen Erfahrungen des Einsatzes von CAR-T-Zellen für die derzeit hierfür zugelassenen Entitäten und eine mögliche Erweiterung auf andere Indikationen thematisiert werden. Ebenfalls gezeigt werden die verschiedenen Möglichkeiten der Krebs-Impfung. Mackensen ergänzt: „Neben den vielfältigen Möglichkeiten der Immuntherapie bei Blut- und Krebserkrankungen werden wir auch die Präzisionsmedizin in den Fokus rücken. Hier freuen wir uns besonders, dass wir Prof. Dr. Bernd Bodenmiller aus Zürich gewinnen konnten, der uns zeigen wird, wie mithilfe der bildgebenden Massenzytometrie Tumorgewebe bis hinab auf die Ebene der einzelnen interagierenden Zelle quantifiziert und in hoch aufgelösten 3-D-Animationen visualisiert werden kann.“ Das, so Mackensen, sei ‚Präzisionsmedizin pur‘. Der Vortrag von Prof. Dr. Bernd Bodenmiller findet am Montag, 4. Oktober 2021, von 10:30 bis 11:30 Uhr statt.
Innovation braucht Menschlichkeit
Die Hämatologie und Onkologie ist eines der innovativsten und dynamischsten Fachgebiete in der gesamten Medizin. Moderne Arzneimittel werden in hoher Frequenz zugelassen, die Präzisionsmedizin in Diagnostik und Therapie bringt viele Chancen für Patient*innen mit Blut- und Krebserkrankungen. Aber trotz oder gerade wegen all dieser Entwicklungen braucht Innovation laut Trümper immer auch Menschlichkeit: „Unser Fachgebiet unterliegt derzeit einem rasanten Wandel. Wir sequenzieren Genome in einer vor wenigen Jahren noch unvorstellbaren Geschwindigkeit und untersuchen die DNA auf bestimmte Mutationen hin. Je nach Mutation hilft uns dieses Wissen bei der Entscheidung für oder gegen ein bestimmtes Arzneimittel. Mit hochauflösenden bildgebenden Verfahren können wir ‚tief“ in unsere Patientinnen und Patienten hineinblicken und auch kleinste Gewebeveränderungen sehen. Mit modernsten Bestrahlungstechniken behandeln wir sehr gezielt maligne Tumoren. Wir können also mehr denn je, und unser Instrumentenkasten wird immer differenzierter. Aber dieses ‚Mehr denn je‘ ist letztlich nur dann von einem wahren Wert, wenn wir Ärztinnen und Ärzte unsere Patientinnen und Patienten menschlich begleiten, sie lotsen und ihnen das Gefühl geben, dass wir jederzeit im Diagnostik- und Therapieprozess für sie da sind. Und eben auch darüber hinaus: Denn gerade in palliativen Situationen braucht es tragfähige Beziehungen. Wir sollten im besten Wortsinn ‚Kümmerer‘ für unsere Patientinnen und Patienten sein. Und auch hier gilt: Wir müssen mit ihnen reden.“
Virtueller Pflegekongress
Pflegekräfte und medizinische Fachangestellte spielen – gerade auch in der Hämatologie und Onkologie – eine zentrale Rolle in der Patient*innenbetreuung. Patient*innen erwarten nicht nur eine optimale Pflege, sondern auch Kenntnisse über die aktuellen Behandlungsmöglichkeiten. Der virtuelle Pflegekongress am Samstag, 2. Oktober 2021 bietet hochkarätige Fachvorträge, Diskussionen und interdisziplinäre Sitzungen. Themen sind unter anderem „Die Partnerschaft zwischen Pflege und Patient*innen bei Lymphom-Erkrankungen“, „Personaluntergrenzen in der hämatologischen und onkologischen Pflege“, „Updates aus der onkologischen Pflege in der Schweiz“, „Neues aus dem Symptommanagement“, „Wo steht die hämatologisch-onkologische Pflege nach der COVID-19-Pandemie“, „Vertiefte Pflegepraxis“ und „Die Pflegesprechstunde in der onkologischen Tagesklinik“.
Ausführliche Informationen unter: https://www.haematologie-onkologie-2021.com/
Über die DGHO
Die DGHO Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e.V. besteht seit über 80 Jahren und hat heute mehr als 3.700 Mitglieder, die in der Erforschung und Behandlung hämatologischer und onkologischer Erkrankungen tätig sind. Mit ihrem Engagement in der Aus-, Fort- und Weiterbildung, mit der Erstellung der Onkopedia-Leitlinien, mit der Wissensdatenbank, mit der Durchführung von Fachtagungen und Fortbildungsseminaren sowie mit ihrem gesundheitspolitischen Engagement fördert die Fachgesellschaft die hochwertige Versorgung von Patient*innen im Fachgebiet.
Über die OeGHO
Die Österreichische Gesellschaft für Hämatologie & Medizinische Onkologie hat sich zum Ziel gesetzt, die Betreuung von Patient*innen österreichweit an den höchsten Standard heranzuführen. Die OeGHO zählt als Fachgesellschaft aktuell ca. 800 Mitglieder, von denen ein Großteil Fachärzt*innen für Innere Medizin mit Additivfach Hämatologie und Internistischer Onkologie sind. Neben der Aus-, Fort- und Weiterbildung von Ärzt*innen sowie Pflegekräften, der Festlegung von Standards für die Fachärzt*innenausbildung und Ausbildungsstätten und der Erarbeitung von Leitlinien will die OeGHO die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen allen an der Krebstherapie Beteiligten und die Forschung auf dem Gebiet der Hämatologie und Onkologie aktiv fördern.
Über die SGMO
Die Schweizerische Gesellschaft für Medizinische Onkologie (SGMO) vereinigt als medizinische Fachgesellschaft Ärzt*innen, die auf die Erforschung, Diagnose und Behandlung bösartiger solider Tumoren und hämato-onkologischer Erkrankungen spezialisiert sind. Seit der Gründung der SGMO im Jahre 1999 hat ihre Mitglieder-zahl stetig zugenommen und erreicht heute 402 ordentliche und außerordentliche Mitglieder. Die SGMO vertritt die standespolitischen Interessen der medizinischen Onkolog*innen und setzt sich für Forschung, Weiter- und Fortbildung ein.
Über die SGH
Die Schweizerische Gesellschaft für Hämatologie (SGH) ist die medizinische Fachgesellschaft der Ärzt*innen mit dem Facharzttitel Hämatologie. Sie hat folgende Zielsetzungen: Die Förderung der Hämatologie in der Schweiz, die Forschungs-förderung, die Weiter- und Fortbildung und die Wahrung der beruflichen Interessen der Hämatolog*innen in der Schweiz sowie die Förderung der Kollegialität unter den Mitgliedern. Die SGH zählt 325 Mitglieder.
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